Bei jedem Umzug sind die Bücher aus dem Regal, in Kisten verstaut, eins der schwereren Dinge, die die Treppen runter und dann wieder rauf müssen. Mein Opa sagte immer. „Ja, ja, mein Junge, Wissen wiegt schwer.“ Wobei ich dennoch glaube, dass Unwissenheit schwerer wiegt. Ich laufe an etwas vorbei, das vor meiner Nase liegt. Einfach, weil ich nicht weiß, dass es dort ist.
Nun geht es in meinem Bücherregal schon immer kunterbunt durcheinander. Meine Tochter sagte mir eines Tages, als sie gegen ihre Langeweile etwas zum Lesen suchte: „Papa, Du hast ja gar keine Literatur, nur lauter Sachbücher.“ Ich hörte davon, dass Menschen ihre Schätze nach Farben sortieren. Nach Größe, das kann ich ja nachvollziehen und nach Inhalt zu sortieren, wäre auch keine schlechte Idee.
Schon länger hatte ich das Bild eines Buchregals vor Augen, das sich unter der Last des Wissens durchbiegt. Was wäre, wenn man die Bücher so aufstellt, dass sich an deren Oberkante eine gerade, horizontale Linie bildet, die so das gewohnte Bild von der Wirklichkeit unserer Welt wiederherstellen?
Davon wollte ich ein Foto machen und träumte dabei von ehrwürdigen Exponaten aus alten Bibliotheken. Aber für ein erstes Experiment sollten vielleicht besser doch die eigenen Bücher herhalten.
Jetzt galt es, ein Brett zu finden, dass sich meinem Willen beugen würde. Nicht zu dick, die Kurve sollte schon was hermachen, und nicht so dünn, dass es den Geist aufgibt und die ganze Ladung zu Boden rauschen lässt.
Letztlich fand ich alles zu Hause. Das Brett im Keller, die Schnur in meiner Geschenkpapierbox und Bücher, auch die Ungelesenen, gab´s in hoffentlich jeder Größe.
Wie die Wasserwaage unerbittlich zeigte, war der erste Versuch danebengegangen. Mir kam aber die Idee der Umkehrung zu Hilfe. Was, wenn ich die Bücher in dem schon entstandenen Bogen aufstellen würde. Das wieder auf das Regal geschichtet müsste es doch meiner Absicht nahekommen.
Eine kleine Unterstützung.
Na also, geht doch!
Darauf folgte die Arbeit in der „Dunkelkammer“ am Computer. Schwarzweiß, weil es der abstrakten Idee näherkommt. Die Konturen besser herausgearbeitet, damit auch was los ist auf dem Bild – und fertig.
Fehlt noch die Rückführung in das analoge Dasein. Denn erst, wenn das Bild gedruckt und gerahmt an der Wand hängt, ist es zu Wirklichkeit geworden. Nur als Datei auf der Festplatte wäre mir diese Aktion nicht der Mühe wert.
Den Rahmen hatte ich noch im Vorrat stehen und hatte ihn auch schon im Auge, bevor ich mit dem Fotografieren begann. Ein leichtes Panoramaformat, ideal für dieses Motiv.
Ein guter Drucker und eine Passepartoutmaschine gehören zu meiner Ausstattung und so ist es mir zu meiner Freude möglich, auch größere Formate auszudrucken, mit einem Passepartout zu versehen und sie dann in einem passenden Rahmen präsentieren zu können.